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Anwaltshaftung, BGH, 27. 3. 2003 - IX ZR 399/99
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[E]ine aufwandsangemessene anwaltliche Honorarvereinbarung kann das Sittengesetz nicht verletzen. |
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BGH, Urt. v. 3. April 2003 - IX ZR 113/02 |
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I. Die Kernaussage der BGH-Entscheidung 1. Ein Anwalt darf die Erfolgsaussichten eines Rechtsbehelfs nicht ohne nähere Prüfung als (schlechthin) aussichtslos darstellen. 2. Dies gilt selbst dann, wenn er insoweit mit der Einschätzung des Kollegialgerichts, das die anzugreifende Entscheidung getroffen hat, übereinstimmt. (Leits. des Verf.)
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iQ: sind die Erfolgsaussichten dagegen (ausgesprochen) ungünstig, muss der Rechtsanwalt auch dies klar darstellen; führt er nur aus, dass eine bestimmte Frage nicht ganz unproblematisch sei, kann der Mandant davon ausgehen, dass insoweit gewisse Erfolgsaussichten bestehen, BGH, IX ZR 54/02 |
II. Der Fall Die Richter des OVG hatten die Revision im Urteil nicht zugelassen. Dazu hatten sie ausgeführt, dass die Rechtssache keine schwierigen Fragen aufwerfe, die eine Zulassung rechtfertigen würden. Der Berufungsanwalt hatte gegenüber seinen Mandanten die Nichtzulassungsbeschwerde als aussichtslos dargestellt (siehe den Wortlaut). Seine Mandanten nahmen daher das Urteil des OVG hin. Nachdem in zwei vergleichbaren Fällen im Sinne des Mandanten entschieden hatten, nahm der Kläger seinen RA in Regress.
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III. Die Argumentation des BGH 1. Der RA hat seine vertraglichen Pflichten verletzt, denn er hat die Lage tatsächlich falsch dargestellt, weil die Nichtzulassungsbeschwerde nicht ohne jede Erfolgsaussicht war. 2. Die Auffassung des OVG-Richterkollegiums kann den RA nicht entlasten, weil zum einen die Kollegialgerichts-Rl. als allgemeine Richtlinie hier nicht anwendbar sei und zum anderen deswegen nicht greife, weil der RA gerade eine eigene - d.h. über die Auffassung des Gerichts hinausgehende - Aussage getroffen hat. 3. Dem Kläger steht grds. ein Schadensersatzanspruch zu, weil ein weiteres Betreiben des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erfolgreich gewesen wäre.
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iQ: zu den vertraglichen Pflichten des Berufungsanwalts gehört es grds. nicht, das Berufungsurteil auf Revisibilität hin zu prüfen; trifft der Berufungsanwalt aber Aussagen zur Revisibilität, müssen diese richtig sein iQ: die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden (genauer: der zum Schaden führenden Handlung des Mandanten; hier: Unterlassung des weiteren Betreibens des Rechtsbehelfs) ist lt. st. Rspr. prima facie anzunehmen |
IV. Offene Fragen In welcher Höhe der Schadensersatzanspruch besteht, wurde im hier dargestellten Urteil, das sich auf ein Grundurteil (§304 Abs. 1 ZPO) bezog, nicht getroffen.
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CLM |
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Der Wortlaut der anwaltlichen Darstellung (S. 4/5 des Urteils) "Da inzwischen auch der Europäische Gerichtshof ... entschieden hat, daß die Regelung ... nicht gegen Grundrechte verstößt, erscheinen weitere Rechtsmittel sinnlos. |
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Das Gericht hat die Revision nicht zugelassen, so daß als weiteres Rechtsmittel ohnehin nur die sog. Nichtzulassungsbeschwerde in Betracht käme. Dafür bestehen jedoch keine Erfolgsaussichten, da die Revision nur zuzulassen ist, wenn |
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1.) die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder |
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2.) das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder |
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3.) bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensmangel beruht. |
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Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor, so daß es wohl oder übel mit dem Berufungsurteil sein Bewenden haben muß. Aufgrund der am 27.9.1994 erfolgten Zustellung des Urteils haben wir zwar vorsorglich die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde auf den |
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27.10.1994 |
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notiert. Mangels Aussicht auf Erfolg werden wir diese Frist jedoch streichen." |
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Alle Angaben nach bestem Wissen, aber ohne Gewähr
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