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Zweites Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften:
I) wesentliche Änderungen des BGB:
1) geänderte / neu eingefügte Vorschriften: §§ 249, 253, 828, 825, 839a, 847
2) im einzelnen:
a) § 249, S. 1 und 2 werden Abs. 1 und 2, S. 1; ein neuer Abs 2, S. 2 enthält folgende Regelung:
=> Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
iQ-ratio: der Geschädigte hat bei einer Sachbeschädigung i.R. der Naturalrestitution i.S.d. § 249 BGB nach st.Rspr. die Wahl: er kann
aa) die Sache in einer Fachwerkstatt reparieren lassen und die entsprechenden Kosten (auf Basis Sachverständigengutachten) ersetzt verlangen oder
bb) die Reparatur billiger ausführen lassen bzw. selbst ausführen und auf Basis eines Sachverständigengutachtens abrechnen oder
cc) die Reparatur ganz unterlassen und nur die Reparaturkosten ersetzt verlangen.
Die Varianten bb) und cc) waren dem Gesetzgeber (nach Lobby- Arbeit der Versicherungswirtschaft) ein Dorn im Auge, weil die entsprechende Abrechnung gegen das Verbot der Überkompensation verstößt, also gegen den Grundsatz, daß der Geschädigte aus dem schädigenden Ereignis keinen Gewinn erzielen soll.
BT-Drucks. 14/7752, S. 23: "Damit bleibt zwar die Möglichkeit einer fiktiven Abrechnung bei der Beschädigung von Sachen erhalten. Aber ihr Umfang mindert sich... Auf diese Weise wird der Ersatz des reinen Sachschadens ein Stück weit von einer zu abstrakten Berechnung gelöst."
Der Ausschluß des Umsatzsteueranteils aus der "fiktiven Schadensabrechnung" ist zwar nur ein Teilaspekt, weil der Kostenanschlag einer Fachwerkstatt weitere sonst nicht anfallende Kosten beinhaltet (z.B. Facharbeiter- Arbeitsstunden); der Gesetzgeber hat den Ausschluß jedoch ausdrücklich auf die USt beschränkt, weil diese einfach zu berechnen ist (Endsumme dividiert durch 1,16).
iQ-tech: die USt muß angefallen sein. (BT-Drucks. 14/7752, S. 23):"Angefallen ist die Umsatzsteuer, wenn und soweit sie der Geschädigte zur Wiederherstellung aus seinem Vermögen aufgewendet hat oder er sich hierzu verpflichtet hat."
iQ-savvy: der Ausschluß des USt- Ersatzes gilt auch, wenn eine Ersatzsache von Privat erworben wird, also (gem § 1 Abs 1, Nr. 1 UStG) keine USt- Schuld entsteht!
iQ-connect: nicht geregelt wurde die Frage der (grds. Unmöglichkeit der) Naturalrestitution bei Veräußerung eines Grundstücks; siehe dazu (Rechtsprechungsänderung!) BGH, 4. 5. 2001, NJW 2001, 2250 / ZIP 2001, 1205
b) §253 erhält folgenden Abs. 2 (bisheriger Wortlaut wird Abs. 1)
=> Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden, wenn
1. die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt wurde oder
2. der Schaden unter Berücksichtigung seiner Art und Dauer nicht unerheblich ist.
iQ-ratio: die Neufassung soll die Unterschiede zwischen Vertragshaftung, außervertraglicher Verschuldenshaftung und Gefährdungshaftung (z.B. StVG, ProdHaftG) hinsichtlich des Schmerzensgeldes einebnen, weil, BT-Drucks. 14/7752, S. 14: "Aus der Sicht des Verletzten ... diese Unterschiede unverständlich [sind]", der Gedanke des Opferschutzes eine Erweiterung der Schmerzendgeldtatbestände gebiete, sowie die bereits i.R. des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes angeführte Angleichung an die europäischen Nachbarrechtsordnungen geboten sei. Außerdem soll die Einheit der Rechtsordnung eine Regelung gebieten.
iQ-tech: die in Nr. 2 genannte Erheblichkeitsschwelle ist im wesentlichen i.S. der bisherigen Rspr zu verstehen, so daß, BT-Drucks. 14/7752, S. 25: "z.B. Kopfschmerzen oder Schleimhautreizungen" keinen Schmerzensgeldanspruch begründen sollen.
iQ-Praxis: lt. BT-Drucks. 14/7752, S. 25, sollen "nicht objektivierbare leichte HWS- Verletzungen ersten Grades regelmäßig unter dieser Erheblichkeitsschwelle bleiben." Für die Verkehrsrechtler hat der Gesetzgeber hier für mindestens die nächsten 2- 3 Jahre, also bis die Erheblichkeitsschwelle in der höchstrichterlichen Rspr etabliert sein wird, eine neue forensische Lotterie eröffnet. Auch die in BT-Drucks. 14/7752, S. 26, mit "1000 DM" also ca. 511 EUR vorgeschlagene Erheblichkeitsschwelle ist schon deswegen nicht geeignet, diese Unsicherheit zu kompensieren, weil sie willkürlich erscheint, und für die Gerichte, die die Höhe der Entschädigung gem. § 287 ZPO nach Ermessen zu bestimmen haben, keineswegs verbindlich ist.
iQ-connect: weiterhin nicht gesetzlich geregelt ist der Schmerzensgeldanspruch bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Ginseng- Fall, BGHZ 35, 363; Caroline von Monaco, BGH, NJW 1995, 861 [mit Nachspiel vor dem BVerfG]).
Der Bundesrat hatte dessen Aufnahme in § 847 BGB in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/7752, S. 49, mit der Bemerkung: "Ohne seine Einbeziehung bleibt die Änderung des § 253 BGB aber Stückwerk", angeregt.
Die Bundesregierung sah sich durch eine Regelung überfordert, BT-Drucks. 14/775, S. 55.
Dies bedeutet, daß jene Fälle weiterhin außerhalb §§ 253 (847) BGB zu lösen sind (Case Law mit Einzelfallabwägung).
c)§825.Bestimmung zu sexuellen Handlungen.
Wereinen anderen durch Hinterlist, Drohung oder Missbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen bestimmt, ist ihm zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
iQ-ratio: es wurde der (mittlerweile nicht mehr gebräuchliche) Begriff der "Frauensperson" durch "einen anderen" ersetzt, so daß nun auch Männer mögliche Anspruchssteller sind. Nicht zu verwechseln ist die Vorschrift mit dem bereits 1998 durch das EheschlRG aufgehobenen § 1300 BGB - "Kranzgeld".
Lt. BT-Drucks. 14/7752, S. 26 kommt § 825 BGB neben der Haftung für Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts keine eigenständige Bedeutung zu (so schon die bisherige herrschende Meinung, Palandt60- Thomas, § 825, Rd. 1). Man wollte jedoch den mit einer Streichung angeblich verbundenen Eindruck, der Gesetzgeber spreche der Frau Schutz gegen sexuelle Selbstbestimmung ab, vermeiden.
iQ-savvy: "einen anderen" bedeutet selbstverständlich nicht, daß jetzt nur noch Männer Opfer i.S.d. § 825 BGB sein können, sondern ist zu verstehen als "einen anderen Menschen".
d) §828 wird neu gefaßt:
(II) 1Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einemKraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. 2Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat.
(III) Wer das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist, sofern seine Verantwortlichkeit nicht nach den Absätzen 1 oder 2 ausgeschlossen ist, für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat."
iQ-ratio: schon lange wird über die verminderte Verantwortlichkeit Minderjähriger Im Straßenverkehr diskutiert. Impulsivität und mangelnde Fähigkeit zur Einschätzung der erheblichen Gefahren des motorisierten Straßenverkehrs (BT-Drucks. 14/7752, S. 26: "altersbedingte Defizite") führen immer wieder zu Verkehrsunfällen mit Kindern. Laut neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen sind Kinder üblicherweise frühestens (!) mit Vollendung des 10. Lebensjahres zum angepaßten Verhalten im Straßenverkehr in der Lage. Dies berücksichtigt der Gesetzentwurf.
iQ: bei Vorsatz haftet gem. § 828 Abs. 2. S. 2 auch der noch nicht 10jährige. Eine Haftungsprivilegierung ist in diesen Fällen nicht geboten, weil die Einsichtsfähigkeit bzgl. vorsätzlichen Schädigungen i.d.R. doch besteht.
iQ-tech: die Haftungsprivilegierung gilt (siehe Wortlaut) nur im Straßenverkehr! Kommt es z.B. zu einem Unfall zwischen einem Radfahrer und einem 7-10jährigen, greift die Haftungsprivilegierung nicht.
Einen gefahrspezifischen Zusammenhang erfordert § 828 Abs. 2, S. 1 seinem Wortlaut nach allerdings nicht. Eine teleologische Reduktion in Fällen, wo sich die abstrakte Gefährlichkeit des motorisierten Verkehrs nicht realisiert hat, ist wohl auch nicht möglich. Zum einen ist ein derartiger Fall in § 828 Abs. 2, S. 2 geregelt, woraus geschlossen werden kann, daß Abs. 2, S. 1 nur dann nicht gelten soll; zum anderen ist die Haftungsprivilegierung des Minderjährigen nach Sinn und Zweck der Norm im Zweifel weit auszulegen.
iQ-connect: Auswirkungen hat die Vorschrift u.a. hinsichtlich §§ 7 ff. (9) StVG.
iQ18: der in § 828 Abs. 2, S. 2 BGB a.F. (Taubstumme) entfällt - auf Betreiben der Behinderten- und Gehörlosenverbände - ersatzlos, weil die Gehörlosen nach mittlerweile gefestigter (sozialer, medizinischer und rechtlicher) Auffassung nicht mehr, wie noch bei Schaffung der Norm, 1900, angenommen, in ihrer Entwicklung so stark beeinträchtigt sind, daß eine besondere Regelung hinsichtlich der Deliktsfähigkeit erforderlich wäre. Die Behinderung findet lt. BT-Drucks. 14/7752, S. 27, bei der Feststellung der Verschuldensfähigkeit immer noch genügende Berücksichtigung, so daß hier alles beim alten bleibt: zwar sei hierfür ein objektiver Maßstab entscheidend, jener werde aber gruppenbezogen ermittelt, so daß sich "Besonderheiten einer Gruppe auf die Bewertung auswirken. Behinderte Menschen werden insoweit von der Rechtsprechung als besondere Gruppe anerkannt."
e) § 839a. Haftung des gerichtlichen Sachverständigen.
(I) Erstattet ein vom Gericht ernannter Sachverständiger vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten, so ist er zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligtendurch einegerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht.
(II) § 839 Abs. 3 ist entsprechend anzuwenden.
iQ-history: über die Haftung des gerichtlichen Sachverständigen wurde schon seit langem diskutiert. Hintergrund ist, daß der gerichtliche Sachverständige i.d.R. prozeßentscheidend wirkt, weil der Richter seine Entscheidung auf die im Gutachten getroffenen Aussagen stützt.
iQ-history: bisher haftete der gerichtliche Sachverständige nur bei Vorsatz bzw., wenn das Gutachten zu einer Freiheitsentziehung geführt hatte, ab grober Fahrlässigkeit, oder bei fahrlässigem Meineid gem §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 154 StGB. Eine Haftung aus Vertrag, von der Rechtsprechung sonst i.R. der Sachverständigenhaftung favorisiert, wurde hier ausgeschlossen, weil der Sachverständige unter der Leitung des Gerichts (§ 404a ZPO) und nur mit diesem in einer (öffentlichrechtlichen!) Beziehung steht, im Verhältnis zu den Prozeßparteien aber gerade zur Neutralität i.F. der Objektivität verpflichtet ist (für alles: Palandt60- Thomas, § 823, Rd. 117 und das "Weigand"- Urteil des BGH, BGHZ 62, 54 = NJW 1974, 312).
iQ-tech: neuerdings haftet der gerichtliche Sachverständige generell ab grober Fahrlässigkeit. Die Beschränkung auf grobe Fahrlässigkeit ergibt sich aus den folgenden Erwägungen:
- der gerichtliche Sachverständige ist Helfer des Gerichts, so daß die richterliche Unabhängigkeit auf ihn quasi partiell "abfärbt"; der gerichtliche Sachverständige soll seine Feststellungen / Entscheidungen in einer gewissen Freiheit treffen können. BT-Drucks. 14/7752, S. 28, formuliert es so: "Andernfalls würde dem [gerichtlichen!] Sachverständigen die innere Freiheit genommen, derer er bedarf, um unabhängig und ohne Druck eines möglichen Rückgriffs erstatten zu können."
- insbesondere soll, wie i.R. des § 839 BGB, vermieden werden, daß über den Haftungsprozeß der ursprüngliche Prozeß erneut aufgerollt wird, BT-Drucks. 14/7752, S. 28 (iQ-tech: es soll also die Rechtskraft der Erstentscheidung (§§ 322 Abs. 1, 705, 767 Abs. 2 ZPO) gesichert werden).
iQ-tech: wichtig ist, daß der Schaden "durch eine gerichtliche Entscheidung" entstanden sein muß. D.h., vergleichen sich z.B. die Parteien eines Baumängel- Prozesses, weil der gerichtlich bestellte Sachverständige die gerügten Mängel in seinem Gutachten - unzutreffenderweise - bestätigt hat, kann der Bauunternehmer gegen den Sachverständigen nicht aus § 839a BGB vorgehen, weil der Vergleich (siehe dazu die Neuregelungen in § 278 Abs. 6, S. 1 ZPO) keine gerichtliche Entscheidung ist. Insoweit gilt altes Recht, d.h. eine Haftung kommt hier (i.d.R. nur) bei Vorsatz des Sachverständigen in Betracht. iQ-ratio: § 839a BGB soll nach dem Willen des Gesetzgebers nicht greifen, weil der Nachweis der Kausalität des falschen Gutachtens für den Schaden (angeblich) nur schwer zu erbringen sei.
iQ: § 839a Abs. 2 gilt die besondere Mitverschuldensregelung (weitgehende Pflicht zur Schadensabwendung durch Herbeiführung einer abändernden Entscheidung) hinsichtlich Rechtsmittelversäumung, § 839 Abs 3, auch für die Sachverständigenhaftung, so daß der Schadensersatzanspruch bei Rechtsmittelversäumung ausgeschlossen ist.
iQ-savvy: der Unterschied zu § 254 BGB, der (nur) hinsichtlich des Mitverschuldens in Form der Nichteinlegung eines Rechtsmittels verdrängt wird, im übrigen also gilt, liegt darin, daß § 839 Abs. 3 das "Alles oder Nichts- Prinzip" statuiert: wer ein Rechtsmittel nicht einlegt, dessen Anspruch ist vollständig ausgeschlossen - bei sonstigem Mitverschulden findet dagegen i.R. des § 254 BGB eine Abwägung nach Mitverschuldensanteilen statt, so daß ein vollständiger Anspruchsausschluß nur in Extremfällen erfolgt.
f) §847 wird aufgehoben.
Siehe dazu die Anmerkungen zu § 253 BGB.
II) wesentliche Änderung des ProdHaftG(Produkthaftungsgesetz)
§8 wird folgender Satz 2 angefügt:
Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann nach Maßgabe des § 253 Abs. 2 BGB auch eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden."
iQ-ratio: siehe die Anmerkungen zu § 253 BGB.
III) wesentliche Änderungen des StVG (Straßenverkehrsgesetz)
1) hier behandelt: §§ 7 und 8a, 11, 12a und 18
2) im einzelnen:
a) §7 wird wie folgt geändert:
Abs. 1 wird folgender Satz angefügt: War das Kraftfahrzeug im Zeitpunkt des Unfalls mit einem Anhänger verbunden, so ist dem Geschädigten neben dem Halter des Kraftfahrzeugs auch der Halter des Anhängers zum Schadensersatz verpflichtet.
Abs. 2 wird wie folgt gefaßt: Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
Abs. 3 wird folgender Satz angefügt: Die Sätze 1 und 2 sind auf die Benutzung eines Anhängers entsprechend anzuwenden.
iQ-ratio: die (gesetzestechnisch) wichtigste Änderung vorweg - die (Gefährdungs)Haftpflicht des Fahrzeughalters ist nur noch bei Vorliegen höherer Gewalt ausgeschlossen. Damit soll einerseits der Gefährlichkeit des KfZ- Verkehrs Rechnung getragen werden, andererseits soll die Norm auch der Praxis der Gerichte angepaßt werden. Diese hatte schon bisher kaum § 7 Abs. 2- Fälle angenommen, weil es eben kaum "Idealfahrer", die sich z.B. auch an die Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn halten, gibt.
iQ-tech: Höhere Gewalt ist ein Ereignis, das durch äußerste, billigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht vorausgesehen und verhütet werden konnte, Palandt60- Heinrichs, § 203, Rd. 4.
iQ-savvy: relevant ist das (die Betriebsgefahr erhöhende) Verschulden des Fahrzeugführers/-Halters aber weiterhin i.R. § 17 Abs. 1, S. 2 und Abs. 2 StVG .
iQ: die Änderung des Abs. 1 ist durch zweierlei Erwägungen motiviert:
- zum einen geht auch von (insbesondere LkW-) Anhängern eine nicht unerhebliche straßenverkehrstypische Gefahr aus,
- zum anderen hat es in der Praxis Schwierigkeiten bei Unfällen mit Anhängerbeteiligung gegeben. iQ-Bsp: Max Mallorca wird auf der Heimfahrt aus dem Urlaub auf der A 8 am Inntal- Dreieck von Horst Kaluppke mit dessen Wohnwagen, Typ "Präsident 79" gerammt. Kaluppke entschwindet. Max Mallorca hat sich allerdings geistesgegenwärtig die Nummer des Wohnwagens (B-UH 823) gemerkt. Über die Polizei erfährt er den Halter (Kaluppke) und verklagt ihn. Kaluppke räumt zwar ein, daß die Nummer zu seinem Anhänger gehöre, bestreitet aber, den Anhänger an seinem Wagen gehabt zu haben. den habe er in der fraglichen Zeit verliehen... Nach bisheriger Rechtslage ging Max Mallorca hier leer aus, wenn und weil er die Beteiligung des Kaluppke nicht beweisen konnte. Nach neuer Rechtslage kommt es darauf nicht mehr an. Kaluppke haftet verschuldensunabhängig als Halter des Anhängers.
b) neu gefaßt wird § 8a[Passagiere]
Im Falle einer entgeltlichen, geschäftsmäßigenPersonenbeförderung darf die Verpflichtung des Halters, wegen Tötung oder Verletzung beförderter Personen Schadensersatz nach § 7 zu leisten, weder ausgeschlossen noch beschränkt werden. 2Die Geschäftsmäßigkeit einer Personenbeförderung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Beförderung von einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts betrieben wird.
iQ-ratio: durch die Neufassung wird die Halterhaftung auf sämtliche Fahrzeuginsassen erweitert. Der historisch bedingte (BT-Drucks. 14/7752, S. 31) Haftungsausschluß wird damit aufgehoben. Damit und durch die Einfügung des § 11, S. 2 StVG ist die Problematik der Gefälligkeitshaftung in diesem Bereich erledigt.
c) §11 wird folgender Satz 2 angefügt:
Wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann nach Maßgabe des § 253 Abs. 2 BGB auch eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.
iQ-ratio: siehe dazu die Anmerkungen zu § 253 BGB.
d) neu eingefügt wird: § 12a
(I) Werden gefährliche Güter befördert, haftet der Ersatzpflichtige
1. im Falle der Tötung oder Verletzung mehrerer Menschen durch dasselbe Ereignis, unbeschadet der in § 12 Abs. 1 Nr. 1 bestimmten Grenzen, nur bis zu einem Kapitalbetrag von insgesamt 6 000 000 Euro oder bis zu einem Rentenbetrag von jährlich 360 000 Euro,
2. im Falle der Sachbeschädigung an unbeweglichen Sachen, auch wenn durch dasselbe Ereignis mehrere Sachen beschädigt werden, bis zu einem Betrag von 6 000 000 Euro, sofern der Schaden durch die die Gefährlichkeit der beförderten Güter begründenden Eigenschaften verursacht wird. 2Im Übrigen bleibt § 12 Abs. 1 unberührt.
(II) Gefährliche Güter im Sinne dieses Gesetzes sind...
(III) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich um freigestellte Beförderungen gefährlicher Güter oder um Beförderungen in begrenzten Mengen unterhalb der in Randnummer 10 011 der Anlage B zu dem in Absatz 2 genannten Übereinkommen festgelegten Grenzen handelt.
(IV) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn der Schaden bei der Beförderung innerhalb eines Betriebes entstanden ist, in dem gefährliche Güter hergestellt, bearbeitet, verarbeitet, gelagert, verwendet oder vernichtet werden, soweit die Beförderung auf einem abgeschlossenen Gelände stattfindet.
(V) § 12 Abs. 2 gilt entsprechend."
iQ-ratio: die Vorschrift behandelt die durch die gefährlichen Güter (z.B. explosive Stoffe, BT-Drucks. 14/7752, S. 33) gesteigerte Betriebsgefahr.
e) §18 Abs. 3 wird wie folgt gefasst:
(III) Ist in den Fällen des § 17 auch der Führer eines Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens verpflichtet, so sind auf diese Verpflichtung in seinem Verhältnis zu den Haltern und Führern der anderen beteiligten Kraftfahrzeuge, zu dem Halter eines im Unfallzeitpunkt mit einem anderen beteiligten Kraftfahrzeug verbundenen Anhängers, zu dem Tierhalter oder Eisenbahnunternehmer die Vorschriften des § 17 entsprechend anzuwenden."
iQ-ratio: siehe dazu die Anmerkungen zu § 7 StVG.
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