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Darlehen an Gesellschafter, BGH II ZR 171/01
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1. Die Entscheidung: |
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Gewährt der Geschäftsführer einer GmbH einem Gesellschafter oder einem anderen Geschäftsführer ein Darlehen, ist er der Gesellschaft gem. §§ 43 Abs. 2 und 3, 43 a, 31 Abs. 1, 30 Abs. 1 GmbHG zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er dabei das gebundene Vermögen angreift. |
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iQ: Gebunden ist das Vermögen, das erforderlich ist, um Stammkapital und Verbindlichkeiten sowie z.B. notwendige Rückstellungen abzudecken. Die Auszahlungssperre greift also, wenn die Aktiva (A) durch die (oder bereits vor der) Auszahlung nicht mehr genügen, um die Passiva (P) und das Stammkapital (S) zu decken, wenn also |
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A |
< |
P |
+ |
S |
bzw. |
A |
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P |
< |
S, |
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z.B. |
20.000 |
< |
10.000 |
+ |
25.000 |
20.000 |
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10.000 |
< |
25.000. |
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Im entschiedenen Fall war § 30 GmbHG auf einen Nichtgesellschafter angewendet worden, der zwar an der Gründung der GmbH beteiligt, dann aber unter treuhänderischer Übertragung seines Anteils auf seine als Geschäftsführerin agierende Ehefrau ausgeschieden war (II,2,b der Gründe): Aufgrund des Treuhandverhältnisses ... ist der Beklagte selbst als mittelbarer Gesellschafter der GmbH zu behandeln; als solcher haftet er ... wie ein Gesellschafter für die Rückzahlung von Geldern, die ihm entgegen dem Verbot des § 30 GmbHG zugeflossen sind (BGHZ 107, 7, 11 f.; 75, 334, 335 f.; 31, 258, 266 f.). |
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Darauf, ob das Darlehen zu marktüblichen Bedingungen gewährt wurde und der Gesellschafter kreditwürdig, der Rückzahlungsanspruch also vollwertig ist, kommt es nicht an. |
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iQ: im entschiedenen Fall hatte die mit dem Mindeststammkapital ausgestattete GmbH Kredite im Umfang von mehr als 1,5 Mio. EUR gewährt. |
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2. Die Begründung: |
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Es wird in der Literatur zwar vertreten, dass ein Darlehen zu marktüblichen Bedingungen an einen solventen Gesellschafter keine Auszahlung sei, weil es zu einem bloßen Tausch der Aktiva Kasse gegen Forderung komme. |
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Geld und Rückzahlungsanspruch sind aber nur in der Bilanz gleichwertig. Tatsächlich ist eine Forderung etwas anderes als Geld, über das die Gesellschaft (sofort) verfügen kann. Das GmbHG sieht eine tatsächliche Erhaltung vor und nicht nur bilanzmäßigen Schutz (Kapitalerhaltungsgrundsatz). Ansonsten drohe eine Aushöhlung der §§ 30, 31 GmnHG. |
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Obiter Dictum (II,2,c,dd der Gründe): |
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Etwas anderes kann (offen gelassen) allenfalls gelten, wenn (der Gesellschafter bzw. der Geschäftsführer beweist, dass) das Darlehen dem Interesse der Gesellschaft dient und die Darlehensbedingungen dem Drittvergleich standhalten und die Kreditwürdigkeit des Gesellschafters selbst bei Anlegung strengster Maßstäbe außerhalb jedes vernünftigen Zweifels steht oder die Rückzahlung des Darlehens durch werthaltige Sicherheiten voll gewährleistet ist. |
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iQ: dogmatisch korrekt ist diese Aussage nicht. Wenn es nämlich darauf ankommt, dass der Gesellschaft ihr Geld tatsächlich verbleibt (Kapitalerhaltungsgrundsatz), macht es keinen Unterschied, ob der Rückzahlungsanspruch ohne vernünftigen Zweifel durchsetzbar oder adäquat besichert ist, weil die GmbH in beiden Fällen das Geld eben nicht in der Tasche hat, sondern nur in der Bilanz. |
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Damit wird die zutreffende Grundaussage durch den Zusatz entwertet, weil ein Prinzip, das einmal so und ein andermal doch wieder nicht angewendet wird, nicht überzeugt. Letztlich hat sich der BGH hier ein Hintertürchen offen gelassen, um spätere Fälle, z.B. bei Darlehen innerhalb von Konzernen, eventuell anders bewerten zu können. Letztlich zeigt BGH, dass er seiner Auslegung selbst noch nicht so ganz traut. Das nimmt der Entscheidung einen Teil ihres Wertes. |
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CLM |
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Alle Angaben nach bestem Wissen, aber ohne Gewähr
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