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Entscheidungen zum Mietrecht

 Disclaimer

 



Kündigungsfristen

Schönheitsreparaturen

Eigenbedarf

Mietminderung



Der aktuelle Fall, nach BGH, 18. Juni 2003, VIII ZR 240/02, VIII ZR 324/02, VIII ZR 339/02, VIII ZR 355/02:

KÜNDIGUNGSFRISTEN

Der Fall: V wollte beim Abschluss eines Mietvertrages mit M 1994 ganz sicher gehen. Deshalb verwendete er ein Formular, in dem die seinerzeit in § 565 Abs. 1 BGB (a.F.) geregelten Kündigungsfristen wörtlich wiederholt wurden:

"... die Kündigung ist zulässig, spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats für den Ablauf des übernächsten Monats. Nach fünf, acht und zehn Jahren seit der Überlassung der Räumlichkeiten verlängert sich die Kündigungsfrist um jeweils drei Monate."

Im Januar 2003 findet M eine viel preiswertere Wohnung. Er kündigt daher noch am 15. Januar 2003 (Eingang beim Vermieter: 17. Januar 2003 ) zum 30. April 2003 seine alte Wohnung.

Am 30. April zieht er aus. Er zahlt keine Miete mehr. V verlangt Mietzahlung bis Ende Oktober 2003.

Zu Recht?

 



Ja, wenn der Mietvertrag noch besteht

a) Welches Recht ist anwendbar?

Art. 229 § 3 EGBGB: seit 1. September 2001 ist neues Recht anwendbar, also § 573 Abs. 1 S. 1 BGB, da die Kündigung nach dem 1. September 2001 bei V eingegangen ist

b) Wie ist die Dauer der Kündigungsfrist?

aa) gesetzlich: 3 Monate, sodass Mietverhältnis zum 30. April 2003 beendet

- insbesondere gilt § 573c Abs. 1, S. 2 BGB nur für den Vermieter

bb) vertraglich: 9-monatige Kündigungsfrist, da der Vertrag 1994 geschlossen wurde. Seitdem sind (mehr als) 8 Jahre vergangen. Also hat sich die Kündigungsfrist 1999 und 2002 um je 3 Monate verlängert, auf insgesamt 9 Monate (Grundfrist von 3 + 3 + 3 Monate). [die Berechnung wird hier erklärt]]

Die Kündigung würde demnach, da bis zum 3. Februar ausgesprochen, zum 31. Oktober 2003 wirken.

Bis dahin müßte M dem V Miete zahlen.

c) Was gilt also - Vertrag, 9 Monate, oder Gesetz, 3 Monate?

BGH: Es gilt der Vertrag, also 9 Monate Kündigungsfrist.

Das Problem: Gem. § 573 c Abs. 4 BGB ist eine von 573 c Abs. 1 BGB zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung unwirksam. Allerdings bestimmt Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB, dass mietvertragliche Vereinbarungen aus der Zeit vor dem 1. September bestehen bleiben.

M trug vor: Der Passus "durch Vertrag vereinbart" solle nicht auch Kündigungsfristen erfassen, in denen eine "Vereinbarung" tatsächlich nicht stattgefunden habe, sondern nur die gesetzlichen Regelungen "1:1" über allgemeine Geschäftsbedingungen in den Vertrag "gelangt" waren. Bei solch formularmäßiger Einbeziehung könne man nicht von einer vom Gesetzgeber vorausgesetzten "Vereinbarung" sprechen.

Der BGH sieht dies anders: Eine wirksame Vereinbarung i.S.d. Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB ist gegeben.

1. Generell liegt eine Vereinbarung auch vor, wenn Vertragsregelungen durch Klauseln in den Vertrag gelangen.
iQ:
dafür kann als Argument auch § 305 Abs. 2 BGB herangezogen werden

2. Der Gesetzgeber hat weder im Gesetz noch in den Materialien (BT-Drucks. 14/5663) zum Ausdruck gebracht, dass an die Vereinbarung i.S.d. Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB besondere Anforderungen zu stellen seien, dass z.B. die Parteien an den längeren Fristen besonderes Interesse gehabt haben müssten.
iQ:
danach muss allerdings gefragt werden, wenn die Parteien im Vertrag nur auf die dispositive Rechtslage verwiesen haben, ohne die gesetzlichen Formulierungen auch in den Vertrag aufzunehmen. Dann ist wesentlich, ob die Parteien - in der Regel aufgrund bestimmter Interessen - die beim Vertragsschluss gültige Rechtslage aufrecht erhalten wollten (dann gilt auch nach einer Gesetzesänderung, vertraglich, altes Recht - soweit dies zulässig ist) oder ob die Bezugnahme nur deklaratorischer Natur war (dann gilt das jeweils gültige Recht).

3. Der mit Art. 229 § 3 Abs. 10 EGBGB beabsichtigte Vertrauensschutz erfordere eine umfassende Anerkennung bisher wirksamer mietvertraglicher Regelungen auch nach dem 31. August 2001.

4. Die Anerkennung der bisher wirksamen vertraglichen Gestaltung diene dem Rechtsfrieden.

5. In besonderen Härtefällen sei der Mieter berechtigt, gegen Gestellung eines Ersatzmieters aus dem Mietvertrag entlassen zu werden.

Fazit: Altbekanntes wurde in einen aktuellen (Mietrechtsreformgesetz 2001, nicht Schuldrechtsmodernisierungsgesetz!) Fall gekleidet. "Schöne Sache" fürs Examen, da materielles Recht, Wertungen und eine Überleitungsvorschrift zu beachten sind.

Außerdem wird mit dem Urteil deutlich, dass der Grundsatz "pacta sunt servanda" auch in einem von Verbraucherschutzrecht geprägten Zivilrecht weiterhin gilt. Dies wiederum eröffnet den Blick auf die Vertragsfreiheit, und damit auf die Selbstverantwortung des einzelnen, also auch die des Mieters: Wer Verträge schließt, wird dadurch gebunden. Darüber können und dürfen auch die Gerichte nicht hinweggehen.

 

 

Abwandlung 1: In der neuen Wohnung hat M nur Ärger. Da er einsehen muss, dass der alte Mietvertrag nicht zum 30. April beendet ist, zieht er kurzerhand in seine Wohnung zurück. Am 1. November steht V mit einem neuen Mieter vor der Tür. Er verlangt, dass M die Wohnung sofort verlässt.

a) Muss M die Wohnung verlassen?

b) (Bis) Wann muss M die Wohnung verlassen?

 



a) Grds. ja, da die einmal ausgesprochene Kündigung des Mietverhältnis zum 31. Oktober beendet hat. Abgesehen davon, dass der Wiedereinzug keine Rücknahme der Kündigung bedeutet, ist eine solche einseitige Rücknahme auch nicht möglich. Zur Fortsetzung des Mietverhältnisses hätte es einer Vereinbarung zwischen V und M bedurft.
iQ: einzige Ausnahme ist § 545 S. 1 BGB; selbst der kommt hier aber nicht zur Anwendung, weil V sofort nach Ende des Mietvertrages seinen entgegenstehenden Willen erklärt hat

b) § 546 Abs. 1 BGB: nach Beendigung des Mietverhältnisses; da der Mietvertrag bis zum 31. Oktober 2003, 24.00 Uhr lief, muss M die Mietsache sofort danach, hier also im Verlauf des 1. November, übergeben werden
iQ-tech: Rückgabe bedeutet Besitzverschaffung an der Mietsache, d.h. grds. sind die Räume von Gegenständen des Mieters zu leeren und sämtliche (auch selbst in Auftrag gegebene) Schlüssel dem Vermieter zu übergeben


 

Abwandlung 2: Kann V von M weiterhin Mietzahlung verlangen, wenn er die Wohnung ab 1. Juni 2003 an eine andere Person vermietet?

 



Nein, weil V ab Juni die Erfüllung seiner mietvertraglichen Pflicht zur Gebrauchsüberlassung der Mietsache unmöglich geworden ist, § 537 Abs. 2 BGB. Er kann von M allenfalls Schadensersatz verlangen, wenn und soweit er die Wohnung nun zu einem geringeren Mietpreis vermieten muss. Dies gilt aber auch nur für die Zeit bis zum Ende der Kündigungsfrist (Kausalität!).


 

 

Kündigungsfristen

Schönheitsreparaturen

Eigenbedarf

Mietminderung

 

Der aktuelle Fall, nach BGH, 3. Juli 2003, VIII ZR 308/02:

SCHÖNHEITSREPARATUREN

Der Fall: M und V schließen einen Mietvertrag. Darin finden sich die u.a. folgende Klauseln:

... Der Mieter hat Schönheitsreparaturen fachmännisch auszuführen - in Küche und Bad alle 3 Jahre, in Wohn- und Schlafräumen, Flur und Toiletten alle 5 Jahre, in sonstigen Räumen alle 7 Jahre.

... Der Mieter hat die Mietsache bei Beendigung des Mietverhältnisses in renoviertem Zustand zurückzugeben."

M wohnt fast 20 Jahre in der Wohnung, ohne jemals Schönheitsreparaturen auszuführen. Nach dem Auszug übergibt er die Wohnung unrenoviert.

V platzt der Kragen. Er läßt einen Sachverständigen die Wohnung begutachten. Dieser stellt fest, dass die Wohnung umfassend renoviert werden muss, bevor ein neuer Mieter einziehen kann. Anschließend läßt V die Wohnung renovieren.

Gegen M macht er folgenden Schadensersatzanspruch geltend:

- Kosten für den Sachverständigen,

- Kosten für die Renovierung,

- Kosten i.H. des Mietausfalls für 5 Monate, in denen die Wohnung wegen der Schönheitsreparaturen nicht vermietbar war.

Zu Recht?

 



Nein. Ein Schadensersatzanspruch des V besteht lt. BGH nicht:

Zwar sind die Kosten für den Sachverständigen als Kosten der Feststellung eines Schadens generell ersatzfähig; auch kann der Vermieter die Kosten der Renovierung und den Mietausfall bei Nichterfüllung der vom Mieter übernommenen Schönheitsreparaturen grds. ersetzt verlangen.

Jedoch waren die beiden Klauseln zusammen nicht wirksam. Laut BGH ist der Mieter nämlich unangemessen benachteiligt, wenn er sowohl regelmäßig Schönheitsreparaturen vornehmen muss, als auch bei Beendigung des Mietvertrages eine umfassende Renovierung durchzuführen hat. Dies kann nämlich dazu führen, dass der Mieter, obwohl er erst turnusmäßig renoviert hat, beim Auszug nochmals renovieren muss. Dies wäre unzumutbar, sodass beide Klauseln unwirksam sind.


 

 

Kommentar:

a) Das Urteil ist ein wenig realitätsfremd. Zwar ist es in Hinblick auf die Nichtigkeit der Klauseln "rechtstechnisch korrekt". Es wird aber selten vorkommen, dass der Vermieter in einer soeben frisch renovierten Wohnung vom ausziehenden Mieter verlangt, die Wohnung nochmals in Stand zu setzen. Sie ist bereits in ordnungsgemäßem Zustand.

b) Ferner erweist das Urteil den Mietern eher einen "Bärendienst": Geschützt und gefördert werden Mieter wie der Beklagte, der weder in 20 Jahren einmal "den Pinsel geschwungen", noch am Ende des Mietverhältnisses renoviert, sich also in einer Art und Weise verhalten hat, die nicht nur aus Sicht des Vermieters kaum nachvollziehbar ist. Wird eine derartige "Klasse" von Mietern unterstützt, geht dies zu Lasten aller Mieter, die in Gesamtheit die beim Vermieter anfallenden höheren (Vermietungs-)Kosten zu tragen haben. Eine "Stärkung der Mieterrechte" findet also nicht statt. Vielmehr wird die Mehrheit der Mieter zu Gunsten einer Minderheit, die sich dem Gedanken des Abwohnens verpflichtet sieht, mit höheren Kosten belastet.



Was zu beachten ist:

a) Das Urteil besagt keineswegs, dass der Mieter keinerlei Schönheitsreparaturen mehr durchzuführen hat. Nur wenn Klauseln der oben bezeichneten Art verbunden, d.h. in ein und demselben Vertrag zu finden sind, entfällt die vertragliche Pflicht.

b) Wer die Renovierung trotz Ungültigkeit der entsprechenden Klausel durchgeführt hat, kann vom Vermieter Ersatz verlangen:

- es besteht zwar kein Schadensersatzanspruch, aber ein "Aufwendungsersatzanspruch" wg. Verwendungen auf die Mietsache, § 539 Abs. 1 BGB

- dieser Anspruch muss allerdings innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 548 Abs. 2 BGB geltend gemacht werden.

c) Wer beide Klauseln im Vertrag findet, hat also "Glück"; dieses "Glück" dürfte aber selten vorkommen, weil neuere Musterverträge der Vermietervereine in Hinblick auf die recht strenge Rspr eine Kombination der Klauseln regelmäßig nicht mehr kennen.

 

 

 

Kündigungsfristen

Schönheitsreparaturen

Eigenbedarf

Mietminderung



Der aktuelle Fall, nach BGH, 9. Juli 2003, VIII ZR 311/02; VIII ZR 276/02

EIGENBEDARF

 

Der Fall: Der Vermieter, Hr. Fratello, V, kündigt formell ordnungsgemäß den Mietvertrag mit der Familie Mietlich, M, wegen Eigenbedarfs gem. § 573 Abs. 1, S 1, 2, Nr. 2 BGB. Seine Schwester, Frau Sorella, S, wolle in die Wohnung des M einziehen.

M klagt auf Feststellung, dass das Mietverhältnis durch die Kündigung nicht beendet wurde. V erhebt Widerklage auf Räumung der Wohnung.

Wie ist zu entscheiden,

a) wenn nach der Kündigung aber vor Ablauf der Kündigungsfrist eine vergleichbare Wohnung im selben Haus des V frei wird?

b) wenn nach der Kündigung aber vor Ablauf der Kündigungsfrist eine im Eigentum der S stehende vergleichbare Wohnung im nur wenige Kilometer entfernten bisherigen Wohnort der S frei wird?

c) wenn nach Ablauf der Kündigungsfrist eine vergleichbare Wohnung im selben Haus des V frei wird?

d) wenn nach Ablauf der Kündigungsfrist eine im Eigentum der S stehende vergleichbare Wohnung im nur wenige Kilometer entfernten bisherigen Wohnort der S frei wird?



Die Räumungsklage wird abgewiesen im Fall a); im Fall b) - d) wird ihr stattgegeben.

PROZESSUAL: Die Feststellungsklage von M wird durch die nachfolgende Leistungsklage des V (§ 257 ZPO!) unzulässig, weil das Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 Abs. 2 ZPO (identischer Streitstoff) entfällt. Entschieden wird also nur noch über die Widerklage.

MATERIELL: Geschwister sind Angehörige i.S.d. § 573 Abs. 2, Nr. 2 BGB, sodass Eigenbedarf zu bejahen ist. Der Vermieter ist aber verpflichtet, eine ihm zur Verfügung stehende leere Wohnung zur Miete anzubieten. Die Kündigung bedeutet für den Mieter nämlich einen besonderen Einschnitt. Dies muss der Vermieter bei seiner Entscheidung über die wirtschaftliche Nutzung seines Eigentums berücksichtigten. Er muss den Eingriff in die Lebensumstände des Mieters abmildern, soweit ihm dies möglich und zumutbar ist.

iQ-tech: aus dieser Argumentation ergeben sich zwei Einschränkungen der Vermieterpflichten:

1. die Lebensumstände des Mieters sollen möglichst erhalten bleiben; daher braucht der Vermieter nur eine in demselben Haus oder derselben Wohnanlage befindliche Wohnung anzubieten - hier in den Fällen b) und d) also nicht, weil die Lebensumstände durch einen Umzug in einen anderen Ort erheblich verändert würden

2. das Angebot muss zumutbar sein; folglich muss eine Wohnung nur angeboten werden, wenn eine andere Wohnung innerhalb der Kündigungsfrist frei wird - sonst würden Mieter begünstigt, die sich nach Ablauf der Kündigungsfrist unberechtigt weiterhin in der Wohnung aufhalten - im Fall c) muß die Wohnung ebenfalls nicht angeboten werden





Kündigungsfristen

Schönheitsreparaturen

Eigenbedarf

Mietminderung



Der aktuelle Fall, nach BGH, 17. Juli 2003, VIII ZR 274/02

MIETMINDERUNG

 

Der Fall: M ist im November 2001 in eine neue Wohnung einzogen. Zu Weihnachten haben "die lieben Kleinen" der Nachbarn, Wernersens, einen neuen PC mit einer besonders leistungsfähigen Soundkarte "Hyperblaster" geschenkt bekommen. Seit dem 24. Dezember 2001 sind daher die spielerischen Aktivitäten in der Wohnung des M deutlich zu vernehmen: Abends wird von 18:00 bis 22:00 regelmäßig das Spiel "AmBush" gespielt - zu vernehmen sind Schießereien, Bombenexplosionen etc. Samstags und Sonntags findet bei Wernersens regelmäßig ein "Formel 1-Wochenende" statt - M hört dabei stundenlang Motorengeräusche.

M hat unternimmt zunächst nichts, weil er davon ausgeht , dass sich die Spielaktivitäten binnen kurzer Zeit wieder legen werden. Auch will er kein Kinderschreck sein. Als er feststellt, dass der Lärmpegel gleich hoch bleibt, wendet er sich im Februar und März 2002 wiederholt an die Wernersens. Der Lärm nimmt daraufhin jeweils kurzzeitig ab. Im April und Mai 2002 ist M dienstlich im Ausland. Als er im Juni 2002, kurz nach der Veröffentlichung des Action-Spiels "Saddam‘s Combat", wieder erheblichen Belästigungen ausgesetzt wird, wendet er sich nochmals an die Wernersens, um die Sache gütlich zu regeln. Mehrfach versucht er auch im Juli 2002, eine Verminderung der Geräuschkulisse herbeizuführen. Im August 2002 ist er im Urlaub. Als er Anfang September 2002 nach Hause kommt, wird er vom Sound des neuen Abenteuer-Spiels "Larry Plotter and Mrs Rollings bone" empfangen.

Nun reicht es M. Mitte September schreibt er seinem Vermieter, V,

a) er werde für die Dauer der Belästigung ab sofort eine geminderte Mietzahlung leisten,

b) er werde für die vergangenen Monate eine entsprechende Mietminderung rückwirkend verrechnen,

c) sollte sich an der Geräuschkulisse nichts ändern, werde er die Miete vollständig zurückbehalten.

Zu Recht?

 



a) Ja, §§ 549 Abs. 1; 536 Abs. 1, S 1 BGB. Insbesondere hat M durch seine mehr als 6-monatige Wartezeit sein Recht nicht, wie dies noch von BGH, NJW 1974, 2223, angenommen wurde, verloren

iQ-history: bisher wurde §§ 539 BGB a.F. mit 460, 464 BGB a.F. entsprechend angewendet und in Anlehnung an § 558 BGB a.F. ein Verlust der Mieterrechte nach 6-monatiger Kenntnis vom Mangel angenommen - dies ist lt. BGH nach der Mietrechtsreform zum 1. September 2001 nicht mehr haltbar, weil der Gesetzgeber eine solche Frist in der Gesetzesbegründung zum Mietrechtsreformgesetz abgelehnt hat

Auch bisher war die Ansicht des BGH umstritten, weil sie im Gesetz kaum eine Stütze fand - § 558 BGB a.F. befasste sich mit Verwendungsersatz- und Wegnahmeansprüchen des Mieters nach Beendigung des Mietvertrages. Außerdem wurde der Mieter "bestraft", der sich mit einer gewissen Geduld um eine Einigung unter den Mietern und damit um den Hausfrieden bemüht hatte.

iQ-tech: gemindert wird grds. nur die Bruttomiete (="Kaltmiete"), also die Miete ohne Nebenkosten. Eine Ausnahme besteht, wenn der Mangel mit den Nebenkosten in Zusammenhang steht: funktioniert z.B. die Heizung oder Warmwasserversorgung (beides Posten der Nebenkosten) nicht, können auch die Nebenkosten anteilig gemindert werden.

 

b) grds. wie a)

zu beachten sind aber §§ 549 Abs. 1; 536c Abs. 1 und 2 BGB, wonach die Minderung ausgeschlossen ist, soweit der Vermieter vom Mangel infolge schuldhafter Nichtanzeige durch den Vermieter nichts wusste

iQ: hier keine schuldhafte Nichtanzeige, weil der M sich um eine gütliche Einigung bemüht hat

iQ-tech: die Minderung tritt von Gesetzes wegen ein - deshalb ist der Zeitpunkt der Anzeige des Mangels an den Vermieter für die Minderung grds. nicht maßgeblich; § 536 BGB setzt aber - als Spezialfall zur Verwirkung gem. § 242 BGB - eine Sperre für Fälle, in denen dem Vermieter eine Hinnahme der Minderung unzumutbar ist; hier ist also i.R. der Prüfung des Verschuldens des Mieters Argumentationsspielraum eröffnet. Zu Gunsten des Mieters wirkt sich aus, wenn er, wie im oben geschilderten Fall, eine Einigung zu erreichen versucht hat, anstatt die Belästigung nur hinzunehmen.

 

c) Ein Zurückbehaltungsrecht gem. § 273 Abs. 1 BGB besteht auch i.R. des Mietvertrages als Druckmittel zur Durchsetzung der Rechte des Mieters

iQ: wichtig ist aber, dass die zurückbehaltene Miete nicht endgültig beim Mieter verbleibt, sondern, ggf. nach Abzug einer Mietminderung, an den Vermieter zu zahlen ist, sobald der Mangel beseitigt wurde ("aufgeschoben ist nicht aufgehoben")

iQ-tech: §§ 549 Abs. 1; 543 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2, S. 1, Nr. 3 BGB greifen bei einer berechtigten Zurückbehaltung der Miete nicht, weil die berechtigte Zurückhaltung der Zahlung nicht pflichtwidrig ist, sodass kein Verzug besteht, § 286 Abs. 4 BGB

 



 

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