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Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen II, BFH, GrS 2/00

Disclaimer









 

I. Die Entscheidung:


Im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe zur Vorwegnahme der Erbfolge vereinbarte abänderbare Versorgungsleistungen sind nicht als dauernde Last (Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) abziehbar, wenn sie zwar aus den erzielbaren laufenden Nettoerträgen des übergebenen Betriebs gezahlt werden können, das Unternehmen jedoch weder über einen positiven Substanzwert noch über einen positiven Ertragswert verfügt.

Es handelt sich um Unterhaltsleistungen i.S. des § 12 Nr. 2 EStG.

GrS 1/00





II. Der Fall:


Der Sohn übernahm von seinen Eltern eine Gaststätte. Die Eltern erwarben einen Anspruch auf Entnahme von Lebensmitteln, bekamen die Miete mitsamt Strom und Heizung gezahlt; die Ausgaben des Sohnes hierfür betrugen ca. 9.000 EUR p.a.

Der durchschnittliche Gewinn der Gaststätte belief sich von 1984 bis 1991 auf ca. 18.000 EUR. Von 1984 bis 1987 hatte der Sohn als Geschäftsführer der Gaststätte ein Bruttogehalt von ca. 25.000 EUR erhalten. Ein Substanzwert der Gaststätte bestand nicht.








III. Der GrS des BFH führt aus:



1. Versorgungsleistungen sind nicht als dauernde Last abziehbar, wenn sie zwar aus den erzielbaren laufenden Nettoerträgen des übergebenen Betriebs gezahlt werden können, das Unternehmen jedoch weder über einen positiven Substanzwert noch über einen positiven Ertragswert verfügt - ein Betrieb ohne Substanz- oder Ertragswert stellt kein "Vermögen" dar, das übertragen werden könnte.

iQ: das FA rechnete:

Nettoertrag: 18.000 EUR

+ Substanzwert: 0 EUR

- Unternehmerlohn: 25.000 EUR

= Wert des übergebenen Betriebes

= - 7.000 EUR

=> daraus können keine Versorgungsleistungen gezahlt werden



a) Selbst wenn ein übergebenes Unternehmen ausreichend Nettoerträge abwirft, um die im Zusammenhang mit der Übergabe versprochenen Versorgungsleistungen zu erbringen, hat es möglicherweise keinen Ertragswert.

Die zur Ermittlung des Ertragswertes eines Unternehmens zugrunde gelegten Gewinne sind nämlich um einen Unternehmerlohn zu kürzen.




b) Auch bei der sog. Mittelwertmethode, bei der Substanz- und Ertragswert je zur Hälfte berücksichtigt werden, wirkt sich der Unternehmerlohn wertmindernd aus. Der Substanzwert orientiert sich an den Vorstellungen eines fiktiven Unternehmenserwerbers. Der "good will" eines Unternehmens stellt für diesen nur dann einen nutzbringenden Vermögenswert dar, wenn dieser ihn in die Lage versetzt, höhere Einkünfte zu erzielen, als er sie durch die bloße Verwertung seiner Arbeitskraft erzielen würde.


D.h.: Ist allein der - im Unternehmerlohn dargestellte - Wert der Arbeitskraft entscheidend, werden die Leistungen i.R. der Vermögensübergabe nicht aus dem Vermögen erbracht, sondern “ausschließlich durch die Arbeitsleistung des Übernehmers finanziert”.



Allerdings ist zu beachten, dass das Erfordernis vorbehaltener Erträge auch erfüllt ist, wenn das übergebene Vermögen erst beim Übernehmer ausreichende Nettoerträge abwirft. Der Gewinn in der Vergangenheit ist also nicht notwendig entscheidend.


Wenn der Betrieb ausreichende Erträge für den Lebensbedarf zweier Generationen abwirft, wird im Regelfall auch nach Abzug des Unternehmerlohns ein Geschäftswert verbleiben. Ist das der Fall, kann ... [grds.] nicht mehr davon gesprochen werden, dass das übergebene Unternehmen im Zeitpunkt der Übertragung kein Vermögen darstellte. Versorgungsleistungen sind in einem solchen Fall beim Übernehmer als Sonderausgaben selbst dann abziehbar und beim Übergeber als wiederkehrende Bezüge zu versteuern, wenn sie teilweise aus dem Unternehmerlohn herrühren.”

iQ: Insoweit ist der Fall nicht abschließend entschieden, sondern die weitere Entwicklung der Gewinne der Gastwirtschaft zu beachten. Siehe GrS 1/00.



2. Die 50 %-Grenze bleibt in Fällen relevant, in denen das Unternehmen zwar Nettoerträge abwirft, die die Versorgungsleistungen möglich machen, in denen der Unternehmenswert aber nach Abzug des Unternehmerlohns so gering ist, dass der Betrieb nicht mehr als Vermögen bezeichnet werden kann.

iQ: 50 %-Grenze hieß bisher, dass eine bloße Unterhaltsrente anzunehmen war, wenn unter Berücksichtigung der Gegenleistung der Unterhaltscharakter offensichtlich überwog, wofür wesentlicher Anhaltspunkt war, dass der Wert der Gegenleistung (hier: Gaststätte) weniger als die Hälfte des Wertes der Rentenverpflichtung betrug


Auf Basis der 50 %-Grenze ist das aber nicht der Fall, wenn der Unternehmenswert mindestens 50 % des Kapitalwerts der wiederkehrenden Leistungen ausmacht. Die 50 %-Grenze bleibt insoweit ein Beweisanzeichen für die Abgrenzung steuerlich wirksamer Versorgungsleistungen und steuerlich unbeachtlicher Unterhaltsleistungen.

iQ: der Umkehrschluss dieser Aussage gilt aber nicht, weil es sich nur um ein Beweisanzeichen handelt! Auch wenn der Unternehmenswert weniger als 50 % des Kapitalwerts der wiederkehrenden Leistungen beträgt, ist also nicht notwendig eine bloße Unterhaltsleistung gegeben.


CLM



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