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Die Haftung des Anlagevermittlers, BGH, 13. 1. 2000 - III ZR 62/99
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I. Die Kernaussagen der BGH-Entscheidung 1. Hat der Anlagevermittler Angaben des Kapitalsuchenden zur Sicherheit der Kapitalanlage bei der Vermittlung der Anlage verwendet, haftet er für die Richtigkeit dieser Angaben. Etwas anderes gilt nur, wenn er klargestellt hat, dass die Angaben vom Kapitalsuchenden stammen (und daher ohne objektiven Wert sind). 2. Fehlen dem Vermittler die Kenntnisse, die er zur Bewertung einer Kapitalanlage und damit zur ordnungsgemäßen Beratung benötigt, hat er sich diese zu verschaffen oder ihr Fehlen zu offenbaren. (Leits. des Verf.)
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II. Der Fall (bearb.) Schummel vermittelte dem Reich eine Beteiligung an der Florida Sunshine GmbH. Deren Anlagekonzept lautete im Prospekt wie folgt: 91 % der Beteiligungssumme sollten als Kapitalsicherheit in US-Staatsanleihen (AAA-Papiere) angelegt, 9 % für Termingeschäfte verwendet werden. Schummel erklärte dem Reich, die Anlage sei sicher. Dabei verließ er sich, ohne dies deutlich zu machen, allein auf die Angaben im Prospekt und verzichtete auf die Einholung weiterer Informationen über die GmbH und ihr Anlagekonzept. U.a. verließ er sich darauf, dass er selbst eine Beteiligung an der GmbH und insoweit gute Erfahrungen gemacht hatte. Die Florida Sunshine GmbH geriet später in Vermögensverfall. Im Insolvenzverfahren stellte sich heraus, dass ihr ein Schneeballsystem zugrunde lag. Reich verlangt nun von Schummel Schadensersatz. Mit diesem Begehren hat er vor dem BGH Erfolg.
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III. Die Argumentation des BGH 1. (II.1. d. Gründe) Zwischen dem Anlageinteressenten und dem Anlagevermittler kommt bei der Anlagevermittlung ein Auskunftsvertrag mit Haftungsfolgen zustande, wenn der Interessent deutlich macht, dass er die besonderen Kenntnisse und Verbindungen des Vermittlers für eine bestimmte Anlage in Anspruch nehmen will. (II.2. d. Gründe) Fehlen dem Vermittler Kenntnisse, die er zur richtigen und vollständigen, d.h. vertragsgemäßen Information des Anlegers benötigt, gehört es zu seinen vertraglichen Pflichten, sich diese Kenntnisse zu verschaffen. Dies umfasst bei Anlagen im Grauen Markt die Pflicht, einschlägige Informationsdienste und die von der örtlichen Verbraucherzentrale herausgegebene Liste unseriöser Geldanlageangebote auszuwerten. Kapitalanlagevermittler sind unabhängig davon, ob sie besonderes Vertrauen genießen, verpflichtet, das Anlagekonzept, bezüglich dessen sie Auskunft erteilen sollen, (wenigstens) auf Plausibilität, insbesondere auf wirtschaftliche Tragfähigkeit hin, zu prüfen, weil sie die vertraglich geschuldete Auskunft sonst nicht geben können. Der Beklagte hat eine eigene Aussage getroffen, als er die Anlage als sicher bezeichnet hat. Denn er hat die Bezeichnung der Anlage als sicher nicht als - objektive wertlose - alleinige Aussage der GmbH kenntlich gemacht, sodass der Kläger von einer eigenen Aussage des Beklagten ausgehen musste. 2. (II.2. d. Gründe). Dass der Beklagte selbst in Kapitalanlagen der Sunshine GmbH investierte und dabei - zunächst - gute Erfahrungen machte, führte nicht zur Entbehrlichkeit der Plausibilitätsprüfung. Denn der Umstand, dass die Kapitalanlage eine Zeit lang hohe Renditen (im gegebenen Fall fast 24 % p.a.) eingebracht hat, spricht nicht für die Schlüssigkeit des Anlagekonzepts. Dieses ist als konservative Anlage einzustufen (lt. Prospekt 91 % AAA-Papiere), sodass derart hohe Renditen unrealistisch waren.
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iQ: im Urteil heißt es (wie oben im 2. Leitsatz), dass die nicht bestehende Kenntnis verschafft oder offen gelegt werden muss. Abgesehen davon, dass eine Offenlegung von Nichtwissen wegen des durch das Nichtwissen beschränkten Horizonts schwierig ist, kommt diese Alternative aber praktisch nicht in Betracht. Denn ein Vermittler, der seinem Kunden sagt: Ich habe keine Ahnung, wird kaum Erfolg haben.
iQ: nach Ansicht des Berufungsgerichts durfte der Beklagte sich darauf verlassen, dass mehrere Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer etc. sich mit der GmbH befasst hatten und ihre Erkenntnisse nicht zum Anlass genommen hatten, sich von der GmbH zu distanzieren. Außerdem habe der Vermittler selbst Geld bei der GmbH angelegt und sei wie die anderen Kapitalanleger von 1989 bis 1993/1994 ordnungsgemäß bedient worden. Schließlich habe der Vermittler nur fremde Aussagen weitergereicht. |
3. (II.3. d. Gründe) Der Beklagte hat die auskunftsvertragliche Pflicht, den Kläger richtig und vollständig über die für den Anlageentschluss besonders bedeutsamen Umstände zu unterrichten, verletzt und hat daher Schadensersatz zu leisten.
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iQ: Der BGH konnte in der Sache nur teilweise selbst entscheiden und hat im Übrigen an das Berufungsgericht zurückverwiesen. |
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